Velvets Journal

Velvet, die eigentlich Liselle von Oltenburg heißt, ist die jüngste Tochter einer einflußreichen Familie des Garether Hochadels. Doch hinter Velvet steckt mehr als nur eine "Prinzessin auf der Erbse", das junge Mädchen hat es faustdick hinter den Ohren. Laßt Euch in die Welt und die Abenteuer entführen, die sie auf ihrem Weg erlebt. Viel Vergnügen!

Dabei wird sie begleitet von Andra, einer Zwergin, die ihre neugierige Nase oft in Dinge steckt, die sie nichts angehen. Ihr Schützling Elrond Feuerlilie, ein Halbelf aus Thorwal, weicht seiner zwergischen "Ziehmutter" natürlich nicht von der Seite. Zoe Derp, Kurtisane aus Punin auf der Suche nach neuen "Geschäften", und Fayt Leingod, Trollzacker und ehemaliger Gladiator-Sklave aus Al'Anfa, der sich nun als Söldner verdingt, sind weitere Mitglieder der Gruppe, mit denen Liselle Aventurien unsicher machen wird.

Samstag, April 23, 2005

Erstes Abenteuer - Kapitel IV

29 n. Hal - 13. Tag im Monat des Phex

Die beiden Mädchen hatten die letzten beiden Tage damit verbracht, durch die Geschäfte zu ziehen und nach Schmuck, Kleidern, Parfum, Schminke und ähnlichen Dingen zu bummeln. Für den Abend war ein Essen mit ihrer Familie geplant, daß Liselles Anwesenheit erforderte. Ihr zweitältester Bruder Lionel würde heute nicht anwesend sein, ebensowenig seine Frau Anaria. Zwar liebte sie ihre Brüder, doch sie fand Lionel fürchterlich steif und altmodisch und seine Erzählungen über den Orden der Rondra zum Einschlafen langweilig. Mit ihrem ältesten Bruder Heral dagegen verstand sie sich blendend. Er diente bei der Stadtgarde und war von den Frauen sehr umschwärmt. Schließlich würde er ja auch einmal der Erbe ihres Vaters sein. Doch er war mittlerweile auch verlobt, mit Neaira, einer Tochter aus gutem Haus.

Während sich Liselle für das Abendessen ankleidete, überbrachte die Magd ihr einen Brief ihres Freundes Brin Wuxfell. Sie hatte ihm geschrieben, ob er etwas über die Zwergin Andra wüßte.

Meine liebe Liselle,

mit dem Namen, den ihr mir nanntet, konnte ich leider nichts anfangen. Mir persönlich ist diese Zwergin nicht bekannt. Doch bei Nachforschungen bei meinen Vorgesetzten wurde mir klargemacht, daß ich besser nicht weiter nachforschen sollte. Es tut mir leid, wenn ich Euch nicht weiterhelfen konnte.

Ergebenst, Euer
Brin Wuxfell

"Aha," dachte sich Liselle. "Wer auch immer diese Zwergin sein mag, anscheinend zählt sie hochgestellte Persönlichkeiten zu ihren Freunden. Naja, wir werden sehen."
Sie legte den Brief auf ihren Nachttisch, überprüfte im Spiegel noch einmal den Sitz ihres Kleides und begab sich dann nach unten ins Speisezimmer.

Es wurde aufgetischt und Liselle stellte Zoe als Tochter einer Landgräfin aus Punin vor und verheimlichte ihm auch nicht, daß sie Zoe zu sich eingeladen hatte.
"Vater, du hast doch nichts dagegen, oder?" fragte sie und spielte ihren ganzen kindlichen Charme aus, eine Masche, von der sie wußte, daß sie bei ihrem Vater immer zog.
"Aber nein, mein Kind, warum sollte ich etwas dagegen haben, wenn du solch nette Gesellschaft gefunden hast," antwortete ihr Vater arglos und Liselle verkniff sich mit Mühe das Grinsen.
"Vater, da du doch zu den Leuten gehörst, denen man die Verantwortung für den großen Ball übertragen hat, könnte Zoe nicht mitkommen? Bitte?" fragte Liselle und setzte ihr gewinnenstes Lächeln auf.
"Aber natürlich, mein Liebes," erwiderte ihr Vater und Liselle zwinkerte Zoe zu.
Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, wie Heral Zoe bewundernde Blicke zuwarf. Sie trat ihm unter dem Tisch vors Schienbein, Heral zuckte zusammen und schaute sie mit einer Mischung aus Empörung und Schuldbewußtsein an. In diesem Augenblick betrat James das Zimmer, trat zu ihrem Vater und meldete ihm einen Boten.
"Ihr entschuldigt mich bitte für einen Augenblick, schon wieder etwas wegen diesem verflixten Ball," wandte sich ihr Vater an die am Tisch versammelten Personen, legte seine Serviette neben den Teller und verließ den Raum.
Auch Zoe entschuldigte sich kurz und Liselles Mutter verschwand in der Küche, um mit Maria zu sprechen. So fand sich Liselle also alleine mit Heral am Tisch sitzend wieder.
"Was sollte das denn?" verlangte Heral zu erfahren.
"Meinst du, ich hab die Blicke nicht gesehen, die du Zoe zuwirfst?"
"Welche Blicke?"
"Tu nicht so unschuldig, du weißt genau wovon ich rede. Du bist schließlich verlobt!"
"Und? Verlobt ist noch nicht verheiratet und gucken ist doch erlaubt?"
"Du bist unmöglich!"
"Ich weiß," sagte er und lächelte spitzbübisch. "Und was mußte ich von dir schon wieder hören?"
"Ich weiß nicht, wovon du redest ..."
"Dem kleinen Zwischenfall, bei dem du mal wieder die Garde hast rufen lassen."
"Ach so, das meinst du. Naja, der Kerl war einfach unmöglich!"
Ihr Bruder ließ sich natürlich die Gelegenheit nicht nehmen, sie kräftig damit aufzuziehen. Er kannte seine kleine Schwester schließlich. Da kam ihr Vater wieder zurück, entschuldigte sich damit, daß er doch noch viel zu tun hätte und wünschte ihnen noch einen schönen Abend. Wie Liselle von der Magd im Laufe des Tages erfahren hatte, war der Ball außerplanmäßig zwei Tage nach vorne verlegt wurden, was natürlich zusätzlichen Druck und Streß auslöste.

Nach dem Essen verabschiedete sich Liselle, sie wollte zu Patras. Ihr Bruder, der zu ahnen schien, daß sie den späten Abend mal wieder in der Gesellschaft von nicht wirklich gesellschaftsfähigen Menschen verbringen würde, grinste nur anzüglich. Sie entschuldigte sich bei Zoe und sprach mit ihr ab, am nächsten Abend, dem Abend vor dem Ball, ausgiebig mit ihr um die Häuser zu ziehen.