Velvets Journal

Velvet, die eigentlich Liselle von Oltenburg heißt, ist die jüngste Tochter einer einflußreichen Familie des Garether Hochadels. Doch hinter Velvet steckt mehr als nur eine "Prinzessin auf der Erbse", das junge Mädchen hat es faustdick hinter den Ohren. Laßt Euch in die Welt und die Abenteuer entführen, die sie auf ihrem Weg erlebt. Viel Vergnügen!

Dabei wird sie begleitet von Andra, einer Zwergin, die ihre neugierige Nase oft in Dinge steckt, die sie nichts angehen. Ihr Schützling Elrond Feuerlilie, ein Halbelf aus Thorwal, weicht seiner zwergischen "Ziehmutter" natürlich nicht von der Seite. Zoe Derp, Kurtisane aus Punin auf der Suche nach neuen "Geschäften", und Fayt Leingod, Trollzacker und ehemaliger Gladiator-Sklave aus Al'Anfa, der sich nun als Söldner verdingt, sind weitere Mitglieder der Gruppe, mit denen Liselle Aventurien unsicher machen wird.

Freitag, Mai 06, 2005

Zweites Abenteuer - Kapitel V

29 n. Hal - 24. Tag im Monat des Phex

"Liselle, was machst du da?" waren die ersten Worte, die sie am nächsten Morgen hörte, und die von Zoe stammten, die neben dem Bett stand und in dem Bemühen, sie zu wecken, sachte an ihrer Schulter rüttelte. Liselle öffnete verschlafen die Augen und das erste, was sie erblickte, war eine breite Männerbrust. Bei diesem Anblick brachen die Erinnerungen an die letzte Nacht wie eine Sturmflut über sie herein. Sie wurde knallrot, schnappte sich das Laken ohne Rücksicht darauf, daß ihr nächtlicher Spielgefährte nun gänzlich unbekleidet im Bett lag, und in selbiges eingewickelt stürmte sie an der verdutzten Zoe vorbei, hinüber in ihr eigenes Zimmer.
"Bei mir," nur diese beiden Worte gab sie von sich.
Dann stand sie mit immer noch hochrotem Kopf in ihrem Zimmer und fragte sich, wie in aller Götter Namen das nun hatte passieren können. Sie hatte ihn doch bloß ein wenig ärgern wollen, daß sie gleich die Nacht mit ihm verbrachte, war definitiv nicht mit eingeplant gewesen.
"Also, was war das da eben?" waren Zoes erste Worte, als sie nach einer halben Ewigkeit endlich in Liselles Zimmer kam.
"Ehrlich gesagt, ich weiß es auch nicht," erwiderte Liselle und begann zu erzählen, wie es dazu gekommen war, daß Zoe die beiden heute morgen in einem Zimmer finden konnte, in denen sie beide streng genommen überhaupt nichts zu suchen hatten.
"Du meinst, Andras Gebräu ist dafür verantwortlich?" fragte Zoe, nachdem Liselle ihre Erzählung beendet hatte.
"Was soll es denn sonst bitte gewesen sein? Als ob ich freiwillig und dann auch noch mit dem!" rief Liselle aus.
"Wer weiß, was sich liebt, das neckt sich," zog Zoe sie auf.
"Ich bitte dich, alles aber das ganz bestimmt nicht," empörte sich Liselle.
"Hats denn wenigstens Spaß gemacht?"
"Hmm," machte Liselle verlegen.
"Ja hat es nun oder hat es nicht?" Zoe blieb hartnäckig.
"Naja, schlecht war es nicht, ganz im Gegenteil," sie wurde schon wieder rot.
"Dann zieh dir was an oder wolltest du so zum Frühstück gehen?" fragte Zoe und deutete mit der Hand auf das Laken, das im Moment Liselles einzige Bekleidung darstellte.
"Ich glaube, das wäre keine so gute Idee," stimmte sie Zoe zu und machte sich daran, sich anzukleiden.
Als Liselle wieder in Kleidern steckte, die diese Bezeichnung auch verdienten, verließen die beiden Mädchen das Zimmer um sich nach unten zu begeben. Natürlich liefen sie als erstes Elrond über den Weg, der auf Liselle zutrat.
"Guten Morgen Schatz," wünschte er ihr arglos und küßte sie sacht auf Wange.
"Nennt mich nie wieder Schatz!" fuhr sie ihn derart an, daß selbst eine Furie es wahrscheinlich mit der Angst zu tun bekommen hätte. "Und was die letzte Nacht betrifft. Sie hat stattgefunden und das reicht auch schon! Ich will davon nie wieder etwas hören, habt Ihr mich verstanden!"
Sie ließ den vollkommen überrumpelten Elrond einfach stehen, drehte sich um und rauschte die Treppe hinab. Beim Frühstück herrschte dann auch peinliches Schweigen, was Zoe aber nicht davon abhielt, Anspielungen auf "heiße Nächte" zu machen. Damit wiederum brachte sie Fayt vollkommen aus dem Konzept, der ja gar nicht wußte, was es damit auf sich hatte. Bis es Liselle zu bunt wurde und sie in der Küche verschwand wo sie auf Andra traf.
"Ihr! Das ist alles Eure Schuld!" fauchte sie die Zwergin an.
"Was ist denn bitte passiert?"
"Wofür gebe ich Euch eigentlich ein Zimmer, wenn Ihr im Stall schlaft ohne mich mal darüber zu informieren!" tobte Liselle weiter.
"Woran bin ich denn nun schuld?" die Zwergin blieb ruhig, aber hartnäckig.
Widerwillig erzählte ihr Liselle, was sich die Nacht zugetragen hatte nachdem sie auf die Idee gekommen war, daß ihre ungewöhnlichen Gefühle höchstwahrscheinlich mit dem ominösen Gebräu zusammenhing.
"Oh, das ist also die Wirkung," mit diesen Worten quittierte Andra Liselles Worte.
"Das ist alles, was ihr zu sagen habt?" fragte Liselle giftig. "Oh? Wäret Ihr da gewesen, wo Ihr Euch hättet befinden sollen, dann wäre das alles schließlich nicht passiert! Schließlich wollte ich zu Euch!"
Die Tatsache, daß das alles nicht passiert wäre wenn sie ihre Neugier unter Kontrolle gehabt und nicht aus Andras Topf genascht hätte, ignorierte sie geflissentlich, drehte sich um und stapfte aus der Küche. Hätte sie einen Blick zurück geworfen, dann hätte sie die Zwergin bis über beide Ohren grinsen sehen.

Elrond und Fayt gingen zum Angeln und nahmen Zoe mit, was Liselle ganz recht war. Sie wollte heute keine Sticheleien mehr hören, sondern in Ruhe gelassen werden. Die ganze Situation war schon peinlich genug. Nachdem das Trio verschwunden war, holte Liselle erst einmal ihren Morgenmantel aus Elronds Zimmer bevor sie von Andra die Erlaubnis erbat, sich heute in Decken gewickelt in die Sonne legen zu dürfen. So lag sie dann in eine dicke Decke gewickelt auf einem Liegestuhl, ließ sich die Sonne auf die Nase scheinen, trank heißen Kräutertee und las ein Buch. Das heißt, sie versuchte wenigstens sich auf das Buch zu konzentrieren. Es war später Nachmittag, als das Trio von seinem Angelausflug zurück kehrte.
„Zoe, warum bitte bist du pitschnaß?“ fragte sie erstaunt, als sie ihre Freundin erblickte, die aussah, als sei sie ins Wasser gefallen.
„Ich bin feucht geworden,“ erklärte diese trocken.
„Seid ihr beiden wahnsinnig?“ ging Andra auf Elrond und Fayt los, als sie die pitschnasse Zoe zu Gesicht bekam. „Das Mädel war todkrank und ist noch nicht ganz gesund und ihr laßt zu, daß sie pudelnaß durch die Gegend rennt?“
Andra setzte zu einer gehörigen Strafpredigt an. Fayt stand dort wie ein gescholtener kleiner Junge und Elronds Miene verzerrte sich wütend, doch er verkniff sich jegliche Bemerkung. Andra machte sich daran, Zoe ins Haus zu scheuchen, bevor sie wieder krank werden würde.
"Na, über deine heiße Nacht nachgedacht?“ spöttelte Zoe als sie an Liselle vorbei ging.
Als Fayt dies hörte, murmelte er etwas, das verdächtig wie „Da hatte Elrond sicherlich seinen Spaß“ klang.
„Euer Freund war lediglich zum richtigen Zeitpunkt am falschen Ort,“ sagte sie spitz zu Fayt, sammelte ihre Decke und das Buch ein und folgte den anderen ins Haus. Fayt stand da und sein Gesicht, das seine Gedanken spiegelte, sprach deutlich davon, daß er überhaupt nicht wußte, was er jetzt schon wieder falsch gemacht haben sollte. Er zuckte die Schultern und ging ebenfalls ins Haus.

Zoe wurde zum Baden geschickt und bekam danach warmes Bett und Ruhe verordnet, doch ihr blieb die fürchterliche Suppe erspart. Liselle ließ das Abendessen auf Zoes Zimmer bringen und speiste mit ihrer Freundin, die ihr erzählte, warum sie naß nach Hause gekommen war.
„Nun, wir saßen auf dem Steg und als ich Fayt so mit Haken und Wurm hantieren sah, sagte ich nur noch zu ihm, daß er wohl keine großen Chancen hätte, wenn er sich mit den Frauen ähnlich dumm anstellen würde wie beim Angeln. Das hat deinen Spielgefährten so ins Lachen gebracht, daß er hintenüber auf den Steg gekippt ist und mich dabei vom Steg geschubst hat. Und Fayt hat mir dann direkt mit seinem „da seid Ihr aber feucht geworden“ die Retourkutsche für meine große Klappe gegeben,“ berichtete sie und zog dabei Mienen, daß Liselle ebenfalls laut lachen mußte.
Kurze Zeit später schon wünschte sie Zoe eine gute Nacht, immerhin war es schon halb zehn und Liselle war müde. Sie kroch in ihr Bett, las noch ein bißchen und löschte dann das Licht. Gerade, als sie in das Reich der Träume hinüberglitt, schreckte sie lautes Hämmern wieder hoch.
„Was ist das denn? Wer schmiedet denn bitte um diese Uhrzeit noch?“ fluchte sie laut, doch leider verschwand der Lärm dadurch auch nicht.
Sie drehte sich gut eine Stunde von einer Seite auf die andere, hielt sich die Ohren zu, vergrub ihren Kopf unter dem Kissen und versuchte das Geräusch zu ignorieren.
„Jetzt reicht es mir, das darf ja wohl nicht wahr sein!“ brummte sie, zog ihren Morgenmantel an und begab sich Richtung Stall. Der Schmied des Gutshofes würde das wohl kaum sein, der käme nicht mal im Traum auf die Idee, die Herrschaften mit solch einem Lärm zu später Stunde um den Schlaf zu bringen. Hatte nicht einmal jemand erwähnt, daß Elrond Schmied sei? Das würde ihm ähnlich sehen.
Vorsichtig schlich sie durch den dunklen Stall, den sie durchqueren mußte, um zur Schmiede zu gelangen. Sie wußte, daß Andra hier schlief, schließlich hörte sie die Zwergin schnarchen. Plötzlich polterte es und sie wäre fast gestürzt. Bei näherer Betrachtung entpuppte sich die Stolperfalle als Andras Rucksack, der umgekippt war und seinen Inhalt vor ihren Füßen verstreut hatte. Eine kleine, runde Dose erregte ihre Aufmerksamkeit. Sie sammelte alles bis auf diese Dose wieder in Andras Rucksack ein, stellte ihn wieder gerade hin und untersuchte dann ihren Fund. Es enthielt die pastenähnliche Substanz, der Liselle die letzte Nacht und die Peinlichkeit am Morgen zu verdanken hatte.
Andra hatte sie am Nachmittag gewarnt als sie ihr einen Tee brachte, daß dieses Zeug eventuell süchtig machen könnte. Liselle schlug die Warnung in den Wind.
„Ach, einmal noch. Was kann daran schon gefährlich sein?“ dachte sie. „Und diesmal werde ich nicht die einzige sein, die unter der Wirkung von diesem Zeug steht.“
Eine Idee reifte in ihren Gedanken. Sie nahm ein wenig von der Substanz mit dem Finger auf und leckte ihn ab. Dann nahm sie noch ein wenig davon auf ihren Finger, bevor sie die Dose wieder fest verschloß, sie in Andras Rucksack legte und zum Eingang der Schmiede ging. Dort lehnte sie sich an die Wand und beobachtete Elrond.
„Oh, der hat ja außer seiner ledernen Schürze gar nichts an!“ bemerkte sie und betrachtete ihn genauer. Schließlich stand er mit dem Rücken zu ihr und würde sie nicht bemerken, solange er sich nicht herumdrehte. Die Esse strahlte einen goldroten Schein aus und sein muskulöser, schweißbedeckter Körper glänzte. Liselle betrachtete verzückt das Spiel der Muskeln während Elrond auf seinem Amboß herumhieb als wollte er ihn in den Boden hämmern.
„Habt Ihr eigentlich nichts besseres zu tun als zu solch später Stunde einen solchen Höllenlärm zu veranstalten?“ fragte sie betont ärgerlich.
Er drehte sich erstaunt zu ihr um und die Tatsache, daß er unter seiner Schürze, die ihn vor Funken schützen sollte, vorne vermutlich ebenso nackt war wie von hinten, ließ Liselle kribbelig werden. Er musterte sie von oben bis unten wie sie so in der Tür der Schmiede stand, außer einem dünnen Nachthemd und ihrem Morgenmantel hatte sie nichts weiter an und auch das war nicht gerade viel.
„Nun ja, mir fiele da schon etwas ein ...“ sagte er zögerlich, er hatte die Abfuhr von heute morgen wohl noch nicht vergessen.
Liselle trat auf ihn zu, stellte sich auf die Zehenspitzen und hauchte ihm einen Kuß auf die Lippen.
„Wie wäre es zum Beispiel damit, das ist wesentlich leiser,“ sagte sie mit sanfter Stimme und fuhr ihm mit dem Finger über die Lippen.
Nicht ahnend, was sie ihm da gerade auf seinen Lippen hinterlassen hatte, zog er sie an sich und küßte sie. Mit einer Hand hielt er sie und mit der anderen Hand löste er die Lederschürze, doch sie trat einen Schritt zurück und tat so, als wolle sie einfach gehen. Er erwischte ihren Morgenmantel und zog sie daran zu sich zurück. So spielten sie miteinander den ganzen Weg bis in Liselles Zimmer, wo er sie hochhob, zum Bett trug und sich das nahm, was sie ihm die ganze Zeit versprochen hatte.