Velvets Journal

Velvet, die eigentlich Liselle von Oltenburg heißt, ist die jüngste Tochter einer einflußreichen Familie des Garether Hochadels. Doch hinter Velvet steckt mehr als nur eine "Prinzessin auf der Erbse", das junge Mädchen hat es faustdick hinter den Ohren. Laßt Euch in die Welt und die Abenteuer entführen, die sie auf ihrem Weg erlebt. Viel Vergnügen!

Dabei wird sie begleitet von Andra, einer Zwergin, die ihre neugierige Nase oft in Dinge steckt, die sie nichts angehen. Ihr Schützling Elrond Feuerlilie, ein Halbelf aus Thorwal, weicht seiner zwergischen "Ziehmutter" natürlich nicht von der Seite. Zoe Derp, Kurtisane aus Punin auf der Suche nach neuen "Geschäften", und Fayt Leingod, Trollzacker und ehemaliger Gladiator-Sklave aus Al'Anfa, der sich nun als Söldner verdingt, sind weitere Mitglieder der Gruppe, mit denen Liselle Aventurien unsicher machen wird.

Samstag, Mai 07, 2005

Zweites Abenteuer - Kapitel VI

29 n. Hal - 25. Tag im Monat des Phex

„Na, schon wieder eine heiße Nacht?“ fragte Zoe als sie in Liselles Zimmer kam um diese für das Frühstück zu wecken und diesmal Elrond bei Liselle im Bett vorfand.
„Hmm,“ brummte Liselle ohne die Augen zu öffnen.
„Na, wir sehen uns ja dann gleich beim Frühstück.“
„Hmm, ja,“ machte Liselle erneut.
„Ich sag doch, was sich liebt, das neckt sich,“ hörte sie Zoe noch sagen als diese das Zimmer verließ und die Tür hinter sich schloß.
Elrond lag hinter Liselle und hielt sie im Arm, während sie den Rücken an seine Brust gekuschelt hatte. Nun schob er ihr die langen blonden Haare aus dem Nacken und küßte sie zärtlich dort. Seine Hand fuhr ihren Rücken hinunter und dabei fragte er sanft, ob sie gut geschlafen hätte.
„Mhm, ja,“ brummte Liselle und genoß mit geschlossenen Augen die sanften Berührungen. Zoe mußte wohl alleine mit Fayt frühstücken. Sie war sich sicher, daß die beiden sich schon irgendwie beschäftigen würden. Sie genoß lieber etwas anderes zum Frühstück und so wartete Zoe in der Tat diesen Morgen umsonst auf ihre Freundin.

Als die beiden am frühen Nachmittag der Hunger nach unten trieb, waren Zoe und Fayt nicht da. Liselle ging nur im Morgenmantel, gefolgt von dem ähnlich knapp bekleideten Elrond, in die Küche um dem Magd Bescheid zu geben, daß sie auf ihrem Zimmer speisen wollte. Als sie die Küche betrat, stand Andra mit dem Rücken zu ihr.
„Na, Spaß gehabt?“ fragte die Zwergin kurz und bündig.
„Ja, danke der Nachfrage,“ antwortete sie ebenso knapp und trug der Magd auf, was sie zu Essen wünschte bevor sie die Küche auch wieder verließ.
„Kommst du?“ warf sie über die Schulter bevor die Tür hinter ihr zuschwang.

„Sag mal, was hast du da eigentlich an deinem Arm?“ fragte sie neugierig. Das Elronds linker Arm ungewöhnlich war, hatte sie natürlich bemerkt, doch noch war keine Zeit gewesen, ihn darauf anzusprechen. Der Arm sah aus, als wäre er mit einer dünnen Schicht aus Silber überzogen. Vorsichtig streichelte sie mit den Fingerspitzen darüber, es fühlte sich sogar ein wenig kühl an, aber ansonsten wie normale Haut auch.
„Das ist ein Stigma,“ erklärte er ihr.
„Ein was?“
„Ein Stigma. Wenn du so willst, eine Art Mal, daß Dämonenpaktierer normalerweise tragen.“
„Oh,“ sie wich ein wenig zurück. Nach ihren Erlebnissen mit Elvion Feuerglanz glaubte sie durchaus, daß es Dämonen geben mochte.
„Keine Angst,“ er lachte leise als er ihren Gesichtsausdruck bemerkte. „Dämonenpaktierer tragen es als ein Zeichen, daß sie mit Dämonen im Bunde sind. Ich habe meins von einer Begegnung mit einem Dämon, die ich bestimmt nicht freiwillig gesucht habe. Nur meiner Mutter und ihren elfischen Freunden habe ich es zu verdanken, daß ich diese Begegnung überlebt habe und mit meinem Leben davon gekommen bin. Und diesem Stigma.“
„Hast du deswegen auch immer Handschuhe und langärmelige Hemden an?“ fragte sie weiter.
„Ja. Wenn es die falschen Leute zu Gesicht bekämen, könnte ich ganz schön in Schwierigkeiten geraten. Überzeug mal eine hysterische Menge davon, daß du nicht mit Dämonen im Bunde bist wenn alles, was sie sehen, das hier ist,“ erläuterte er und schwenkte seinen Arm.
„Solange du mir keine Dämonen auf den Hals schickst, soll mir das egal sein,“ sie grinste und kraulte ihn am Bauch. „Da gibt es allerdings etwas, was mir gerade nicht egal ist.“
„Ach, ich weiß gar nicht wovon du da redest,“ er grinste zurück.
„Komm her, dann zeig ich dir, wovon ich rede,“ lachte Liselle und tat genau das, sehr ausführlich.

Die beiden hatten sich den restlichen Tag auch nicht mehr aus dem Zimmer begeben, sondern sich ausdauernd miteinander beschäftigt. Kurz nachdem sie fertig gegessen hatten, spürte Liselle, daß ihr Begehren neu aufflammte und sah in Elronds Augen, daß es ihm wohl nicht anders erging. Liselle schmunzelte vor sich hin, sie war sich sicher, daß Andra da ihre Finger im Spiel, genauer gesagt in ihrem Mittagessen, gehabt hatte. Kein Wunder also, daß man die beiden gar nicht mehr sah.
„Hast du Hunger?“ mit diesen Worten weckte Elrond sie sanft. Er mußte wohl in die Küche gegangen und etwas zu Essen geholt haben während sie mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht geschlafen hatte.
„Gute Idee,“ murmelte sie und öffnete die Augen, es war schon dunkel draußen. „Irgendwie bin ich hungrig.“
Während sie aß, betrachtete sie Elrond verstohlen von der Seite und da meldete sich ihr schlechtes Gewissen zur Stelle.
„Was mache ich hier eigentlich? Immerhin ist er für all den Ärger und Streit verantwortlich, den ich mit Patras hatte, und ich habe nichts besseres zu tun, als mit ihm gleich tagelang durchs Bett zu turnen?“ dachte sie. Sie war verwirrt, all die Vertraulichkeit und die kleinen persönlichen Geheimnisse, welche die beiden in den letzten Stunden miteinander geteilt hatten, waren nicht spurlos an Liselle vorüber gegangen. Auf der einen Seite stand Patras und auf der anderen nun Elrond. Das war etwas, worüber Liselle erst einmal nachdenken mußte.
„Du,“ sagte sie und schob sich noch ein Stückchen Obst in den Mund.
„Ja, was ist denn?“
„Sei mir nicht böse, aber ich glaube, ich möchte heute nacht alleine schlafen,“ erklärte sie verlegen.
„Wenn das dein Wunsch ist,“ antwortete er kurz angebunden und Liselle sah in seinen Augen, daß sie ihn verletzt hatte.
Elrond zog sich an und verließ Liselles Zimmer. Als sie das leise Klacken des Türschlosses hörte, ärgerte sich Liselle, daß sie ihn weggeschickt hatte, eigentlich wollte sie nicht, daß er ging. So saß sie im Bett, überlegte hin und her und beschloß schlußendlich, Zoe um Rat zu fragen.
„Bist du noch wach?“ rief sie leise und klopfte vorsichtig an Zoes Tür.
„Komm herein,“ murmelte diese.
„Entschuldige, wenn ich dich geweckt haben sollte, aber ich brauche jemanden, mit dem ich reden kann,“ sagte Liselle verlegen, als sie das Zimmer betrat.
„Schon gut, aber nett, daß man dich auch noch mal zu Gesicht bekommt,“ Zoe lächelte verschmitzt. „Was hast du denn?“
„Ich weiß nicht, aber was die letzten beiden Tage alles passiert ist, verwirrt mich irgendwie.“
„Jetzt sag mir bitte nicht, daß du dich verliebt hast?“
„Ich weiß es nicht,“ entgegnete Liselle kleinlaut. „Weißt du, auf der einen Seite gibt es Patros und so, wie es zwischen uns war, war es bis jetzt immer in Ordnung. Oh, oh, er würde ausflippen wenn er davon erfahren würde! Aber etwas hat sich geändert in diesen letzten beiden Tagen. Sicher, das Zeug von Andra ist daran nicht unschuldig, ohne es wäre wahrscheinlich auch gar nix passiert, aber ... ach, ich weiß auch nicht.“
„Wie wärs, wenn du ihm erst mal aus dem Weg gehst?“ schlug Zoe vor.
„Aus dem Weg gehen? Das wird hier aber nicht gerade leicht,“ erwiderte Liselle und der Gedanke, Elrond aus dem Weg zu gehen, behagte ihr ganz und gar nicht.
„So kannst du dir aber am besten darüber klar werden, wie deine Gefühle sind und was davon auf dem Mist von diesem Gebräu gewachsen ist.“
„Du hast ja recht. Und Patras kommt für die Feier her, wenn das mal gut geht,“ seufzte sie. „Und, wie hast du den Tag verbracht?“
„Ich war mit Fayt Boot fahren.“
„Ihr wart was?“
„Boot fahren und wir haben uns wirklich sehr nett unterhalten.“
„So, so, nett unterhalten nennt man das jetzt?“
„Nicht das, was du schon wieder denkst. Nein, er hat mir von seiner Kindheit erzählt und so etwas habe ich noch nie vorher zu hören bekommen. Er tut mir irgendwie leid und ich kann jetzt ein bißchen besser verstehen, warum er so ist wie er eben ist. Stell dir vor, auf dem Rückweg ist er die ganze Zeit hinter mir gegangen und hat sich die ganze Zeit umgesehen als ob er erwarten würde, daß gleich eine ganze Räuberbande aus dem Gebüsch springen würde. Das war vielleicht eine Aktion, ihn dazu zu bewegen, neben mir zu gehen!“
Liselle hörte ihrer Freundin zu und schmunzelte, für sie war es nicht zu übersehen, daß der wortkarge Hüne es Zoe angetan zu haben schien. Kurze Zeit später wünschte sie Zoe eine gute Nacht und verschwand in ihrem eigenen Bett, daß ihr irgendwie leer vorkam.